Sie haben es vielleicht gehört: in Deutschland werden immer mehr Gesundheits-Apps auf dem Handy von Krankenkassen erstattet (DIGAs, Digitale Gesundheitsanwendungen). Dies beruht in erster Line darauf, dass diese Anwendungen einen medizinischen Nutzen nachweisen konnten und andererseits auf einem Gesetz, das seit Ende 2019 in Kraft ist. Bislang sind 20 Applikationen zugelassen, die meisten zur Behandlung von psychischen Erkrankungen. Es gibt aber auch Anwendungen für somatische Erkrankungen wie zum Umgang mit Tinnitus, Übergewicht oder Knie-und Hüftarthrose. Es stellt sich zurecht die Frage wie das gehen soll. Ein Handy ist schließlich keine Tablette. Aber aufgepasst: die Effekte von medizinischen Apps wirken manchmal sogar besser als  Tabletten, sind nachhaltiger und haben weniger Nebenwirkungen. Zu Grunde liegt dabei eine Veränderung der Krankheitseinstellung, die insbesondere bei chronischen Erkrankungen eine wichtigere Rolle spielt als man zunächst denkt. Durch eine Stress-Reaktion schädigt sich der bereits angegriffene Körper oft noch weiter. Der Druck auf Menschen mit chronischen Erkrankungen wie Rheuma, Schuppenflechte oder Darmentzündung ist enorm. Trotz Schmerzen und Funktionsstörungen muss man im Alltag funktionieren. Nicht selten geraten Menschen hier in eine Sackgasse. Medizinische Apps helfen Ruhe in den Körper zu bringen, das vegetative Nervensystem zu stabilisieren und nachgewiesenermaßen das Immunsystem zu normalisieren. Mit anderen Worten: weniger Stress. Ruhe, Schlaf und Ausgeglichenheit sind ganz entscheidende Faktoren für weniger Entzündung und eine bessere Lebensqualität. Durch spezifische Entspannungsübungen, Muskelrelation und Information zu Krankheit werden in Studien teilweise ausgesprochen gute Ergebnisse erzielt. Nein, Apps sind keine kleinen Wunder und sie verhelfen nicht zur Heilung, aber sie können Patienten helfen selbstständiger zu werden, und ihren Lebensstil in die richtige Richtung zu lenken.

Um dies zu tun ermittelt die App durch bestimmte Fragen regelmäßig die Krankheitsaktivität. Das hört sich trivial an, aber meist handelt es sich um eine wissenschaftlich geprüftes spezifisches Fragenset. Hierdurch kann zudem ermittelt werden, welche Übung nun einen besonders guten Effekt auf eine bestimmte Erkrankung hat. Hier kommt auch die künstliche Intelligenz ins Spiel. Die App kann ihren Krankheitsverlauf simulieren und verschiedene Interventionen z.B. durch Ernährung oder Übungen testen um Ihnen dann die beste Lösung vorzuschlagen. Der Algorithmus wird dabei nicht nur aus Ihren Daten, sondern aus denen von Tausenden von Patienten erlernt.

Ersetzen Apps nun den Hausarzt, Spezialisten oder Therapeuten? Mit Sicherheit nicht. Aber sie geben Patienten etwas mehr Autonomie und Selbstbestimmung und sie können Partner dabei sein Dinge richtig selbst in die Hand zu nehmen. Außerdem geben Gesundheits-Apps gezielt darüber Auskunft, wie es um die jeweilige Krankheit bestellt ist in dem es Daten sammelt und zusammenstellt. Das hilft auch ÄrztInnen weiter, sich schneller einen Überblick über die Situation zu verschaffen.

Wir glauben, dass Gesundheits-Apps in Zukunft regelmäßig zur Anwendung kommen, in erster Linie bei chronischen Erkrankungen. Dabei verändert sich der sogenannte „Point of Care“, das heißt als Patient ist man nicht mehr von einer Person absolut abhängig. Mein Gesundheitszustand wird in Zukunft nicht mehr von dem Urlaub meines Arztes oder Ärztin abhängen. Das ist gut, den nicht immer hält sich eine Erkrankung daran. Außerdem weiß ich in Zukunft vielleicht besser was anderen Menschen in der gleichen Situation geholfen hat. Das muss nicht unbedingt ein Medikament sein, vielleicht sogar ein altes Hausrezept der Großmutter.

Das Hauptanliegen von  Apps ist nicht unbedingt Medikamente zu ersetzen. Ein Teil der digitalen Anwendungen ist als „Companion App“ konzipiert. Das heißt, sie steuern die Behandlung von bestimmten Erkrankungen mit einer App und dem Medikament als „Huckepack“. Durch die Apps kann man viel schneller auf Schwankungen der Erkrankung reagieren ohne immer den Arzt oder Ärztin zu kontaktieren.