Allgemeine Info

Im Vergleich zum normalen Gang benötigt der Mensch beim Gehen an Gehstützen ungefähr das Doppelte an Energie. Dies liegt unter anderem daran, dass die Kraftübertragung von der unteren auf die obere Extremität quasi „umgeleitet“ wird. Besonders wenn Krücken auf dem Boden asymmetrisch, d.h. nicht parallel  aufgesetzt werden führt dies häufig zu Überlastungen der oberen Extremität und der Schulter. Energieverluste beim Gehen an Krücken muss der Patient kompensieren. Gerade ältere und kranke Menschen haben aber weniger muskuläre Reserven und erschöpfen schneller. Bei der Kraftübertragung von der Krücke auf den Menschen und umgekehrt kommt es zudem zu Überbelastungen im Bereich der Hände, Unterarme und Schultern. Ähnlich wie beim Schienbein ist der Weichteilmantel am Unterarm sehr dünn und deshalb besonders druckempfindlich. Scherkräfte, wie sie bei der Benutzung von Krücken durch die Unterarmschale hervorgerufen werden, führen hier schnell zu Abschürfungen der Haut. Hände, Ellenbogen und Schultern sind weitere Orte an denen Schmerzen durch Überbelastung angegeben werden. In einer kürzlich publizierten Untersuchung konnte gezeigt werden, dass die Belastung im Bereich der Schulter während der Benutzung von Krücken auf das 1,7-fache ansteigen.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die reduzierte Propriozeption, also Lagesinn bei älteren und kranken Menschen. Hierdurch werden das Gehen und auch der Gebrauch von Gehhilfen eingeschränkt. Liegt eine Polyneuropathie (Erkrankung des peripheren Nervensystems) vor, ist auch das Fühlen der Gehhilfe und im schlimmsten Fall das Spüren von kleinen, durch die Benutzung von Krücken entstandenen Verletzungen eingeschränkt.

Techniken beim Krückengehen in Theorie und Praxis

Beim Gehen an Krücken werden verschiedene Techniken eingesetzt. Wir unterscheiden zwischen dem Drei-Punkte Gang, dem durchgeschwungenen Gang und dem Vier-Punkte Gang. Beim klassischen Drei-Punkte Gang werden die Gehstützen simultan aufgesetzt. Der Patient schwingt dann mit dem Körper nach vorne um ein Bein vollständig zu entlasten. Beim Vier-Punkte Gang setzt man die Krücke abwechselnd auf um beide Beine während dem Gehen teilweise zu entlasten. Wie oben beschrieben führt dieses asymmetrische Gangmuster zu einer höheren Belastung der oberen Extremitäten, allerdings ist dies davon abhängig wie stark die Krücken eingesetzt werden. Bei Patienten mit Amputationen führt auch der Drei-Punkte Gang zu sehr starken Belastungen der Arme. Aus praktischer Sicht kann z.B. nach einer Hüftprothesen-OP zunächst ein 3-Punkte Gang durchgeführt werden um die Hüfte maximal zu schonen, im Verlauf kann aber auf einen 4-Punkte Gang gewechselt werden.

Technische Innovationen

Eine grosse Verbesserung der Krücken sind die anatomisch geformten Handgriffe. Der Nachteil ist, dass die Krücken hierdurch nicht mehr symmetrisch sind und es eine linke und eine rechte Krücke gibt. Dennoch hat sich durch den erhöhten Komfort die anatomische Form ausgezahlt. Seit kurzem gibt es auch eine anatomische Unterarmschale welche den Ellenknochen und umliegende Nervenstrukturen entlastet und schützt. Polsterungen erhöhen den Komfort und reduzieren Druck und Scherkräfte auf den Unterarm. Anatomisch geformte Polsterungen stellen hierbei sicherlich eine optimale Lösung dar. Das Gewicht von Krücken spielt bei der Kraftübertragung eine Rolle. Zwar sind schwerere Krücken meist stabiler, jedoch werden gerade von Frauen leichtere Krücken bevorzugt. Karbonkrücken können hier zum Einsatz kommen. Karbon ist als Material relativ spröde, was ein Nachteil bei Krücken sein kann. In Kombination mit einer durchdachten Polsterung, stellt dieses Material allerdings aufgrund des Gewichtsvorteils eine interessante Alternative zu Kunststoff und Aluminium dar.