Elektrische Rollstühle verlieren (langsam) ihr Stigma

Die Optik von Rollstühlen ist seit Jahrzehnten nahezu gleichgeblieben. Das ändert sich jetzt: Elektromobilität sorgt für ein komplett neues Design, der Rollstuhl wird zum praktischen Assistenten für Menschen mit Gehbehinderung. 

Im Auto und am Fahrrad ist die Elektromobilität längst angekommen. Dort jedoch, wo sie besonders viele Vorteile bieten kann, hält sie erst langsam Einzug: beim Rollstuhl. In den letzten 100 Jahren hat sich am klassischen Design des Rollstuhls nur wenig verändert: zwei große Räder hinten, zwei kleine vorne, dazwischen ein Sitz und ein Fußbrett. Die hinteren großen Räder gibt es nur aus einem einzigen Grund: nämlich dem, dass sie mittels Armkraft gedreht werden können. Das funktioniert, wie häufig zu sehen ist, in der Regel ganz gut, doch es braucht ein hohes Maß an Kraft in den Armen, um die Fortbewegung möglich zu machen. Viele ältere Menschen haben diese Kraft nicht. Auch muss die Schulter relativ weit nach innen gedreht werden, um von hinten an den Rädern Schwung zu holen. Und wenn der Rollstuhl, vor allem bei älteren Menschen, zum Schieben verwendet wird, ist das für die Angehörigen auch nicht immer ganz einfach – zumal, wenn sie selbst älter sind.

Das Design von Rollstühlen ändert sich

Der technische Fortschritt bei der Elektromobilität – kleine Batterien machen es möglich – verändert auch das Design des Rollstuhls grundlegend. Ab sofort sind die großen Räder schlicht nicht mehr notwendig. Dank eines kleinen Hebels ist es nun viel einfacher, sich selbstständig und unabhängig im Haus und draußen fortzubewegen. 

Auch die Situation beim Spaziergang ändert sich: Wer im Rollstuhl sitzt und von Angehörigen geschoben wird, konnte bisher nur nach vorne schauen – ohne Augenkontakt zur anderen Person. Mit einem E-Rollstuhl sind nun jedoch Blickkontakt und eine gepflegte Unterhaltung möglich, weil nebeneinander gefahren werden kann. Und auch die Funktion erfährt eine radikale Verwandlung: Manche E-Rollstühle sind so designt, dass sie sich kaum von einem Sessel unterscheiden. So dient der E-Rollstuhl zu Hause, etwa beim Fernsehschauen, einfach als Multifunktionssitz.

Der Rollstuhl wird zum Roboter

Und vom Multifunktionssitz ist es dann nur noch ein kleiner Schritt zum Pflegeroboter: Selbstständig misst der Rollstuhl das Gewicht seines Besitzers, hilft beim Ins-Bett-Kommen und detektiert Feuchtigkeit oder schlechten Geruch. In seiner Funktion als Pflegeassistent kann der Rollstuhl die Pflege zu Hause oder im Krankenhaus unterstützen. Und nachdem aktuell immer mehr Wohnungen barrierefrei (um-)gebaut werden, können die Funktionalitäten eines E-Rollstuhls optimal zum Tragen kommen. Schließlich ist die Pflege zu Hause in vielen Fällen der Einlieferung ins Pflegeheim vorzuziehen. Das klappt mit einem E-Rollstuhl bestens: Über einen kleinen Bildschirm kann ein Pflegedienst jederzeit mit der Person im Rollstuhl Kontakt aufnehmen und so problemlos bei etwaigen Notsituationen helfen.

Autonomer Rollstuhl

Ein Blick in die Zukunft zeigt, dass das autonome Fahren bald auch den Rollstuhl erreichen wird. In Zeiten von fehlendem Personal und Pflegenotstand können autonome Rollstühle in der Klinik oder zu Hause selbstständig ins Bad oder ins Zimmer fahren, die Position des Rollstuhls lässt sich dabei zu jeder Zeit per GPS kontrollieren. 

Zusammenfassung: Das Design von Rollstühlen wird sich durch den Einsatz von Elektromobilität maßgeblich verändern. Künftig werden Rollstühle sehr wahrscheinlich mehr Funktionen erfüllen und gehbehinderten Menschen noch besser helfen können, als es heute möglich ist.